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Leseprobe aus den Erotic Short Stories »ReiseLust«

Katerina Nemec

Einladung


Der Regen nahm den Staub mit, rann die Fensterläden hinunter. Die standen offen, heute, das erste Mal, in diesen drei heißen Tagen. Sie fragte sich, warum sie gegangen war. So schnell, so überstürzt. Als hinge ihr Leben davon ab. Ihre gemeinsame Zukunft. Er wusste nicht einmal, wo sie war. Das durfte er nicht. Das würde ihr alles verderben.
Sie war dahin geschmolzen, die vergangenen Tage. Der Regen nun, würde Frische und Klarheit bringen. Sie wollte nicht hinausgehen. Aber allein sein wollte sie auch nicht. Es sollte etwas passieren. Etwas Verwegenes. Jetzt. Ihre Brüste schmiegten sich an das weiße Hemd. Keck und erwartungsvoll. Als wollten sie hinausspringen.
Der feuchte gelbe Staub der Straße kroch dampfend über das Kopfsteinpflaster. Die Welt sah ocker aus.
Eine melancholische Schönheit lag in dem Tag, in dem heißen Regen, der dahin plätscherte wie ihre Gedanken. War es Reue? Der Regen schwemmte Gedanken an – spülte sie sogleich wieder fort.
Reingewaschen.
Die Lust blieb. Die Lust sich in der Hitze zu verlieren, im rhythmischen Tröpfeln des Regens. Ohne Gedanken. Aber niemand schien sie zu bemerken, niemand sah hinauf in den Regen, hinauf zu ihrem Fenster, an dem sie lehnte, die Brüste voller Erwartung im dünnen weißen Hemd.
Schon wollte sie die Vorhänge zuziehen. Schon streckten sich ihre Arme nach der Stange, an der das Tuch hing. Ihre Augen klebten noch auf der lehmfarbenen Straße, waren durchleuchtet von all den kleinen Regentropfen, die in der Hitze flirrten. So wurde sie gesehen. Er blickte hinauf zu ihr, durch den Regen. Jetzt sah sie ihn auch. Er stand da, beiläufig, kaute an etwas herum, an einem Zahnstocher vielleicht. Mit seinem dunklen lodernden Blick hatte er sie ganz umfasst, ihr Gesicht, ihre Augen, ihr Haar, das Hemd, ihre Brüste, ihre Arme, die gerade die Vorhangstange erreicht hatten, um das Tuch herunterzufalten. Und er, der sie mitnahm mit seinem Blick, mit nur einem Blick. Sie stand da, und wusste nicht mehr, warum ihre Hände die Vorhangstange festhielten, und noch weniger konnte sie sie einfach herunternehmen. Und er zog wie beiläufig eine Karte aus seiner Tasche, eine Visitenkarte, studierte sie, blickte dann zum Haus als suche er eine Hausnummer. Blickte die Straße entlang. Dann, als wüsste er seinen Weg wieder, schob er die Karte zurück in die Tasche. Blickte noch einmal zu ihr hoch und machte sich auf den Weg, lächelnd. Und die Karte, die er in seine Hosentasche schieben wollte, war zu Boden gefallen. Brannte dort auf der staubigen nassen Straße. Im Wasserbad unter immer neuen Regentropfen. Sie stand am Fenster, bewegungslos. Die Karte brannte in ihren Augen. Die Karte, die sein Geheimnis kannte. Die wusste, an welchem Ort er nun sein würde. Ihr Atem übersprang den Rhythmus der Tropfen. Ihre Hände ließen die Stange los, umklammerten das Fensterbrett, wollten nach der Karte tasten. Sie wagte nicht, hinunterzulaufen auf die Straße. Sie kam sich nackt vor, ausgezogen. Es war ihr als hätte er an ihrer Brust gesaugt. Die fühlte sich schwer an.
Sie wankte ins Zimmer, ließ sich aufs Bett fallen. Sein Blick, der mit ihr ruhte. In ihr. Auf ihrer Haut, die knisterte. Sie genoss die Kühle, die die Luft auf ihre feuchten Beine blies.
Der Regen hatte aufgehört. Vielleicht wachte sie daher auf. Die plötzliche Ruhe, oder die langanhaltende Ruhe ohne die rhythmischen Regentropfen. Sie strich ihren Rock zurück und schritt hinaus. Da war es schon dämmrig. Und immer noch heiß. Die dampfende Luft. Sie ging ein Stück, einige Meter, um dann mit langsamen Schritten zurückzukehren. Dahin, wo die Karte immer noch lag. Ein Stück aufgeweichtes Papier. Das führte sie durch verwinkelte Gassen, an Plätzen vorbei. Ihr Herz klopfte, als sie durch die Halle in den Hof schritt. Als wäre es ihr verboten, durch diese offene Tür zu gehen. Unentschlossen blickte sie in den großen Hof. Steine, Büsche, hohes Gras. Die Luft war würzig hier und schwerer, als würde die Stille den blauen Himmel tiefer senken. Felice hielt den Atem an, als sie den ersten Schritt in den Hof tat. Der Kies nahm ihr Gewicht auf. Sie spürte das Knirschen unter ihren Sohlen. Mit jedem Schritt brannte sein Blick in ihr. Quer über dem Hof leuchteten zwei Fenster. Ein warmer gelber Ton. Ihr Instinkt lenkte sie hinüber. Sie schritt vom Kiesweg ab, über die holprige steinerne Wiese. Die langen Gräser, die ihre Beine benässten und ihren Rock. Für einen Augenblick erschauerte sie in der hitzigen Abendluft. Die Fenster waren nur noch einige Meter entfernt, die einzigen erleuchteten Fenster. Dann blieb sie abrupt stehen. Sie erkannte ihn sofort und suchte hinter den dünnen Zweigen eines Gebüsches Schutz. Er stand hinter einer Frau. Er war bekleidet, so wie am Nachmittag, die Frau war vollkommen nackt. Ihr schlanker runder Körper stand in der Mitte des Raumes, einen Arm hatte sie erhoben und er strich mit seinen Fingern über ihr Handgelenk, hinunter, bis zu ihren Brüsten, die sich rund und schön in seine Hände legten.
Felice stand hinter dem spärlichen Gebüsch und schluckte. Sie wollte sich umdrehen und gehen, enttäuscht, gedemütigt, da sah er ihr in die Augen. Er musste sie sehen. Seine Augen trafen die ihren. Etwas schien ihr zu sagen, die Inszenierung gehöre ihr. Eine Schau nur für sie. Und sie blieb stehen. Sein Blick hatte sie festgebrannt. Hinter den Zweigen, die sie kaum verdeckten, nicht weit von dem Raum, in dem er den Körper der Frau liebkoste. Sie sah zu, wie die Frau sich an das Fensterbrett lehnte, wie sie ihren Kopf auf das Sims legte, den Körper gebeugt, und fast dachte Felice, die Frau müsste sie auch sehen. Sobald sie ihren Kopf hob, müsste sie sie sehen. In Ekstase vielleicht, wenn er von hinten an sie heranschritt. Seine Hand rutschte in ihren Schoß und Felice dachte es würde nun geschehen. Sie wollte weglaufen war aber gleichsam fasziniert und fühlte sich in merkwürdiger Weise geehrt, diesem intimen Spiel beiwohnen zu dürfen, denn mittlerweile verstand sie es als eine Einladung. Da wandte er den Frauenkörper zu sich um und setzte die Frau auf das Sims. Der Körper lehnte gegen die Fensterscheibe, saugte sich daran fest, dann beugte er sich wieder ein wenig vor. Sie küssten sich, als er in sie drang und sie lehnte den Kopf zurück, ihre Haare hinterließen bizarre Muster auf dem Glas. Ihr Körper wurde heißer und die Scheibe beschlug. Die Haut schmolz in das Glas und das Schaukeln wurde zu einem Fließen. Die Arme auseinander gestreckt, hielt sie sich rechts und links an der Wand. Ihr Becken kreiste in seinen Händen. Sie floss in seine Arme und er trug sie fort.
Es wäre Zeit zu gehen, jetzt. Felice war in Gedanken schon unterwegs, über den Hof bis zur Halle. Aber sie konnte sich nicht entschließen. Sie stand da, bewegungslos. Der Wind schlich unter ihren Rock. Leckte sie da, wo sie seine Hand gespürt hatte. Als hätte er sie gestreichelt. Unter dem Rock, unter dem sie vollkommen nackt war. Sie starrte zu den leeren Fenstern hinüber, in denen das Licht heimatlos brannte. So verlassen wie sie.
Lange stand sie so, und lange wusste sie nicht, dass das nur ein Vorspiel gewesen war. Bis sie seinen Atem spürte, seine Finger an ihrem Mund, seine Stimme in ihrem Haar. Seine Lippen krochen den Nacken hinauf und ihre Brüste erwachten wieder unter dem Hemd. Hüpften ihm entgegen, als sie sich umwandte. Der Wind, der ihre Beine umwehte, unter ihren Rock flatterte und die feuchte Haut kühlte. Die Nacht verschwand in ihren Armen.


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